Liberating Structures

Agiler Werkzeugkoffer

Wenn für dich und dein Team, Meetings und ausufernde Diskussionen ohne Entscheidungen und umsetzbare Lösungen der Vergangenheit angehören sollen, bist du in der Welt der Liberating Structures (LS) genau richtig.

Wenn du für die Arbeit mit Gruppen nach wirksamen Methoden suchst, die zu kreativen Lösungen verhelfen, dann wirst du bei den gesammelten LS-Methoden sicherlich fündig und kannst deine Moderationstechnik und die Zusammenarbeit in eurem Team auf ein neues Level heben!

Was sind Liberating Structures?

Der mit 33+ Mikrostrukturen gut gefüllte Methodenkoffer wurde von den Kuratoren Keith McCandless und Henri Lipmanowicz zusammengetragen und im Jahr 2014 in einem Buch erstmalig in der Gesamtschau veröffentlicht.

Allgemein kann man sagen, dass eine Mikrostruktur dann zu einer Liberating Structure wird, wenn sie die zehn Prinzipien von LS stärkt, die elf Qualitätskriterien erfüllt und verwurzelt in die Komplexitätstheorie ist und somit die Eigenschaften komplexer Systeme, die nicht auf Linearität beruhen, berücksichtigt.

Werden mehrere Mikrostrukturen als Abfolge kombiniert, so spricht man von Strings. Dies bietet sich dann an, wenn Ergebnisse aus vorangegangenen LS in der nächsten Runde ggf. mit einer anderen Struktur aufgegriffen werden.

Die zehn LS-Prinzipien

  1. Gebt allen eine Stimme und beteiligt sie.
  2. Praktiziert ehrlichen Respekt für die Beteiligten und ihre eigenen Lösungen.
  3. Klarer Purpose: Beginnt erst, wenn euch klar ist, was ihr erreichen wollt.
  4. Schafft mit jedem Schritt mehr Vertrauen.
  5. Lernt durch Vorwärtsscheitern.
  6. Findet eigene Lösungen innerhalb der Gruppe.
  7. Fördert Freiheit und Verantwortung.
  8. Fokussiert euch darauf, was möglich ist – glaubt daran, bevor es da ist.
  9. Schafft mit kreativer Zerstörung Platz für Neues.
  10. Habt ernsthaften Spaß miteinander und seid neugierig.

Die fünf Design-Elemente

Methoden, die in einer Gruppenarbeit verwendet werden, sollten nicht nur verständlich erklärt werden. Sie sollten auch alle Beteiligte abholen, sodass klar ist, wie in den nächsten Minuten oder Stunden zusammengearbeitet wird und was das Ziel der Diskussion sein soll. LS bedient sich hier fünf sogenannter Design-Elemente, die sich Anleitende der Mikrostruktur stets vergegenwärtigen sollten.

1. Einladung

Eine Einladung durch Stellen einer Frage gestalten oder durch die Beschreibung des zu lösenden Problems vornehmen.

2. Aufbau von Raum und Material

Ist ausreichend Platz für die Arbeit in vielen kleinen Gruppen vorhanden? Steht passendes Material (Whiteboard, Flipchart, Post-ist, etc.) zur Verfügung?

3. Einbindung der Teilnehmenden

Jede teilnehmende Person wird eingebunden und hat die gleichen Möglichkeiten sich einzubringen.

4. Konfiguration der Gruppe

Abhängig von der gewählten Methode; besonders zu empfehlen ist die Zusammenstellung von Gruppen, in denen sich die Mitglieder noch nicht kennen oder nicht täglich zusammenarbeiten.

5. Ablauf und Dauer

Jede LS ist genau in der Abfolge der Schritte und der Zeiteinteilung vor-choreografiert. Die Beachtung der Time-Boxen ist empfehlenswert.

Der Qualitätskriterien-Katalog

Die elf Qualitätskriterien, die eine LS erfüllen sollte, ist der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen und wurde ebenfalls von den beiden Kuratoren Keith und Henri definiert.

Nr. Kriterium Erklärung

1.

einfach

Benötigt die Struktur nur ein paar Minuten zur Erläuterung?

2.

selbstverbreitend

Ist sie ohne formale Schulung leicht zu kopieren?

3.

expertenlos

Ist es auch für Anfänger möglich, nach einer ersten Erfahrung positive Ergebnisse zu erzielen?

4.

ergebnisorientiert

Ist es wahrscheinlich, dass die innovativen Ergebnisse besser als erwartet ausfallen?

5.

schneller Zyklus

Kann sie in schnellen iterativen Runden durchgeführt werden?

6.

einbeziehend

Wird jeder eingeladen, die nächsten Schritte gemeinsam zu gestalten?

7.

skalierbar

Erleichtert sie Fortschritte bei alltäglichen Besprechungen, großen Projekten, Strategieentwicklung und der Umgestaltung von Bewegungen in Gruppen jeder Größe?

8.

ernsthafter Spaß

Fördern sie Freude, Freiheit und Verantwortung bei der Anwendung?

9.

anpassungsfähig

Lässt sie sich getreu den Min Specs verbreiten und gleichzeitig an lokale Gegebenheiten anpassen? Lässt sie sich leicht in oder neben anderen Veränderungsinitiativen einsetzen?

10.

mikrostrukturiert

Wird eine Einladung genau strukturiert, die Teilnahme verteilt, die Gruppen konfiguriert, der Raum und die Zeit eingeteilt?

11.

modular

Kann es endlos mit anderen LS kombiniert und rekombiniert werden?

Da die Strukturen als Open Source allen Interessierten zur Verfügung stehen und die Auseinandersetzung innerhalb der Community transparent und einladend gestaltet ist, finden sich weitere Informationen beispielsweise auch im Beitrag von Carsten Sahling, der auch zu Recht einen kritischen Punkt zu den Qualitätskriterien anzumerken hat.

LS-Kategorien

Die passende LS kannst du mit Hilfe des Matchmakers auf der offiziellen Seite von Liberating Structures finden.

Falls du noch nicht genau weißt, welche der zahlreichen Mikrostrukturen zur Gestaltung deines nächsten Meetings die passende sein wird, so mache dir zuerst Gedanken, um was es genau gehen soll:

  • Ideen, Erfahrungen, Herausforderungen teilen oder verbreiten?
  • Lösungen, Möglichkeiten, Ideen offenlegen oder entdecken?
  • Fragestellungen und Herausforderungen analysieren oder klären?
  • Strategien entwerfen und mögliche Varianten bedenken?
  • Hilfe bekommen oder Zusammenarbeit anbieten?
  • Planen und Vorbereiten

User Group

Hast du schon Erfahrungen mit LS gesammelt oder möchtest du gerne dich aktiv in die User Group an der Uni Stuttgart einbringen? Melde ich bei uns – wir freuen uns über alle, die an „befreienden“ Strukturen für agile Meetings mitgestalten wollen!

Weitere Informationen zum Thema

  • Keith McCandless, Henri Lipmanowicz: The Surprising Power of Liberating Structures: Simple Rules to Unleash A Culture of Innovation, 2014, ISBN 978-0-6159-7530-6.
  • Anja Kässner, Birgit Nieschalk (Hrsg.): Keith McCandless, Henri Lipmanowicz - Mit Liberating Structures gemeinsam mehr erreichen, Taschenbuch 2023, ISBN 978-3-384-01227-2.
  • Daniel Steinhöfer: Liberating Structures, Entscheidungsfindung revolutionieren, Vahlen, München 2021, ISBN 978-3-8006-5929-6.
  • Anja Ebers, Birgit Nieschalk (Hrsg.): Einfach.Zusammen.Arbeiten, Vahlen, München 2022, ISBN 978-3-8006-6693-5.
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