Imposter-Syndrom

Ihre Studierenden oder Sie selbst fühlen sich manchmal fehl am Platz an der Universität? In diesem Informationspaket finden Sie grundlegende Informationen und Tipps zum Umgang mit dem Imposter-Syndrom.

Imposter-Syndrom

Was ist das Imposter-Syndrom? Und wie äußert es sich?

Menschen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, haben häufig das Gefühl nicht gut genug zu sein und nicht dazuzugehören (vgl. Breeze et al., 2022; Wren Butler, 2022). Sie empfinden sich selbst und ihre Arbeit als minderwertig, was vor allem im Hochschulkontext oftmals mit der Ansicht einhergeht, der Zugang zur Hochschule, gute Leistungen, ein Abschluss oder auch der berufliche Aufstieg innerhalb der Hochschule seien lediglich durch Glück oder Zufall zustande gekommen und somit vollkommen unverdient (vgl. Breeze et al., 2022; Clance, 1985). Aufgrund dessen haben Betroffene oftmals ebenfalls das Gefühl, die Personen um sie herum müssten sie jeden Augenblick als Hochstapler oder Betrüger entlarven (vgl. Breeze et al., 2022; Clance, 1985). Da diese Ansichten in der Regel nicht der Wahrheit entsprechen, handelt es sich beim Imposter-Syndrom auf der Metaebene um eine innere Unfähigkeit, persönliche Erfolge anzuerkennen und sie den eigenen Fähigkeiten, Leistungen oder Bemühungen zuzuschreiben (vgl. Breeze et al., 2022; Murray et al., 2022). Dies führt auch dazu, dass Personen mit dem Imposter-Syndrom häufig anzweifeln, Erfolge wiederholen zu können, was mit einer Angst vor Misserfolgen und einem geringen Selbstvertrauen einhergeht (vgl. Breeze et al., 2022; Addison und Griffin, 2022; Clance, 1985).

Warum ist das Imposter-Syndrom gerade in einem Hochschulkontext relevant?

Einen besonderen Einfluss auf das Auftreten und Erleben des Imposter-Syndroms hat der sozio-politische Kontext, welcher maßgeblich mitbestimmt, welche Personen(gruppen) eher betroffen sind und sich somit häufiger fehl am Platz fühlen als andere. Gerade in der Hochschulbildung ist dieser Aspekt nicht von der Hand zu weisen, da tertiäre Bildung vor allem für privilegierte Personengruppen mit dem entsprechenden finanziellen, sozialen und kulturellen Kapital leicht zugänglich ist – also typischerweise für Menschen aus Akademikerfamilien (vgl. Hewertson und Tissa, 2022). Menschen mit nichtakademischer Bildungsherkunft hingegen sind an den Hochschulen meist unterrepräsentiert. Der Alltag an den Hochschulen, die Gepflogenheiten und der Habitus richten sich darum hauptsächlich an den Standards von Akademikerfamilien aus. Dementsprechend kommt es häufiger vor, dass sich Studierende mit nichtakademischer Bildungsherkunft im Hochschulkontext fehl am Platz oder nicht zugehörig fühlen. Dies zeigt sich auch anhand der Ergebnisse einer im Rahmen des Projektes POWERst an der Universität Stuttgart durchgeführten Befragung, bei der Studierende mit nichtakademischer Bildungsherkunft im Schnitt stärker ausgeprägte Anzeichen auf das Imposter-Syndrom aufwiesen, als Studierende aus Akademikerfamilien.

Eine besondere Relevanz kommt dem Imposter-Syndrom im Hochschulkontext auch mit Blick auf die Leistungsfähigkeit und Studienverläufe der Betroffenen zu. Selbstzweifel, ein geringes Selbstvertrauen sowie die Ansicht, die eigene Arbeit sei unzureichend, tragen dazu bei, dass Betroffene nicht ihr volles Potenzial ausschöpfen können und sich häufig scheuen, Chancen zu ergreifen. So scheuen sie sich bspw. vor einer Bewerbung auf ein Stipendium oder auf Stellen als studentische Hilfskräfte oder als wissenschaftliche Mitarbeitende, da sie sich für nicht gut genug halten – und stehen sich und ihrer Entwicklung teilweise selbst im Weg.

Tipps und Reflexionsimpulse zum Umgang mit dem Imposter-Syndrom

Ihre Studierenden oder Sie selbst sind vom Imposter-Syndrom betroffen? Hier finden Sie Tipps und Reflexionsimpulse zum Umgang mit dem Imposter-Syndrom:

  • Sie sind nicht allein! Gerade an den Universitäten ist das Imposter-Syndrom weit verbreitet und betrifft dabei nicht nur Studierende, sondern auch Mitarbeitende und Lehrende. Machen Sie sich deswegen bewusst, dass auch andere von Zeit zu Zeit unter Selbstzweifeln leiden und dass dies völlig normal ist. Sprechen Sie offen mit Kommiliton*innen oder Kolleg*innen über das Thema und Sie werden überrascht sein, wie viele Ihrer Mitmenschen bereits ähnliche Gedanken hatten.

  • Machen Sie sich Ihre Erfolge bewusst! Menschen, die unter dem Imposter-Syndrom leiden, tendieren häufig dazu, ihre Erfolge herunterzuspielen oder diese auf äußere Ursachen wie Glück oder Zufall zurückzuführen. Mach Sie sich bewusst, dass das nicht der Wahrheit entspricht. Hier hilft es zu reflektieren, wie viele schwierige Situationen Sie bisher schon gemeistert haben und wie viele gute Leistungen Sie bereits erbracht haben. All das ist mit Sicherheit nicht durch Zufall passiert, sondern durch Ihre eigene Arbeit. Seien Sie also nicht zu hart zu sich selbst, erkennen Sie Erfolge als Ihre eigenen Leistungen an und lassen Sie sich nie davon abbringen.

  • Schluss mit Perfektionismus! Eines der häufigsten Symptome des Imposter-Syndroms ist der Perfektionismus. Betroffene neigen zur Annahme, Sie müssten im Vergleich zu Kommiliton*innen oder Kolleg*innen stets der oder die Beste sein oder ihre Arbeit müsse vollkommen perfekt sein. Lösen Sie sich von solchen unrealistischen Vorstellungen und setzen Sie sich selbst nicht unnötig unter Druck. Wenn Sie unter starken Selbstzweifeln leiden, kann es helfen sich kleine, realistische Ziele zu setzen, von denen Sie wissen, dass Sie sie erreichen können. Solche kleinen Etappensiege wirken sich positiv auf das Selbstvertrauen aus.

  • Reflektieren Sie Ihre persönliche Entwicklung in regelmäßigen Abständen! Nehmen Sie sich ab und an die Zeit Ihre persönliche Entwicklung und Ihre Fortschritte zu reflektieren. Auch wenn Sie das Gefühl haben, die Position, in der Sie sich gerade befinden (z.B. Studienbeginn oder neuer Job), nicht verdient zu haben, ist es manchmal das Beste, einfach zu akzeptieren, wo man steht. Geben Sie sich selbst etwas Zeit, sich in dieser Situation einzufinden und reflektieren Sie anschließend, inwiefern Sie sich selbst in dieser Zeit weiterentwickelt haben.

Zum Weiterlesen: 
Addison, M. & Stephens Griffin, N. (2022). The Canary in the Coalmine: The Impact of Imposter Syndrome on Students’ Learning Experience at University. In M. Addison, M. Breeze, & Y. Taylor (Hrsg.), The Palgrave Handbook of Imposter Syndrome in Higher Education (S. 107-123). Springer International. 

Breeze, M., Addison, M. & Taylor, Y. (2022). Situating Imposter Syndrome in Higher Education. In M. Addison, M. Breeze, & Y. Taylor (Hrsg.), The Palgrave Handbook of Imposter Syndrome in Higher Education (S. 1-18). Springer International. 

Clance, P. R. (1985). The Impostor Phenomenon: When Success Makes You Feel Like A Fake. Bantam Books.

Hewertson, H. & Tissa, F. (2022). Intersectional Imposter Syndrome: How Imposterism Affects Marginalised Groups. In M. Addison, M. Breeze, & Y. Taylor (Hrsg.), The Palgrave Handbook of Imposter Syndrome in Higher Education (S. 19-36). Springer International Publishing. 

Murray, Ó. M., Chiu, Y.-L. T., Wong, B. & Horsburgh, J. (2022). Deindividualising Imposter Syndrome: Imposter Work among Marginalised STEMM Undergraduates in the UK. Sociology, 1-18. 

Wren Butler, J. (2022). ‘I Shouldn’t Be Here’: Academics’ Experiences of Embodied (Un)belonging, Gendered Competitiveness, and Inequalities in Precarious English Higher Education. In M. Addison, M. Breeze, & Y. Taylor (Hrsg.), The Palgrave Handbook of Imposter Syndrome in Higher Education (S. 37-54). Springer International. 

Zum Seitenanfang