Gesellschaft

Arbeitspaket "Gesellschaft"

Wichtige Ergebnisse

1) Die Diskurse um Stauseen sind maßgeblich von der Nutzungsart und vom zeitlichen Kontext ihrer Umsetzung geprägt. Rezentere Projekte aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erweisen sich als zunehmend konfliktgeladener mit breiteren und kontrovers geführten Diskussionen bei insgesamt komplexeren Beteiligungsformen. Ältere Projekte und deren Umsetzung sind von engeren Diskussionen geprägt bei einer grundsätzlich positiveren Einschätzung. Viele ältere etablierte Vorhaben werden heute als stark regional verwurzelt eingeschätzt und als „Landmarks“ gesehen.

2) Umweltveränderungen stellen sich in den hier untersuchten Fallstudien als einer der kritischsten Punkte heraus. Dies gilt sowohl für Fragen der Durchgängigkeit von Fließgewässern und Biodiversität, als auch für Fragen des Klimawandels und der Landnutzungsstruktur.

3) Die Kommunikation und eine frühzeitige Partizipation im Bereich des Managements von Stauseen ist ein Schlüssel zur Konfliktvermeidung. Bereiche, in denen weniger top-down Vorgaben und Direktive gegeben sind, wurden bei einem kommunikativen Management als weniger problematisch und konfliktgeladen wahrgenommen.

4) Einwirkungen der Landnutzung auf Stauseen bestehen vor allem durch den Eintrag von Sedimenten und Nährstoffen. Anderseits wirken sich die Stauseeprojekte wiederum auf die Landnutzung aus. Im Bereich des Fränkischen Seenlandes erfolgte eine zunehmende Änderung der landwirtschaftlichen Flächen durch die touristische Nutzung, ebenso war eine Zunahme der Siedlungs- und Gewerbeflächen zu erkennen.

5) Die von dem wissenschaftlichen Konsortium CHARM identifizierten kritischen Themen spiegeln sich auch in der Wahrnehmung der Anwohner und in den öffentlichen Diskursen der Medien wider, wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung und Priorisierung. Dies lässt sich mit der „Sichtbarkeit“ der einzelnen Problemlagen erklären, die maßgeblich auch durch mediale Aufmerksamkeit mitgestaltet wird.

Das Wichtigste in Kürze

Motivation: Besseres Verständnis der Bedürfnisse von Stakeholdern und sozialen/ökologischen Umgebung von Stauräumen und den damit einhergehenden Konfliktpotentialen.

Novum: Die explizite Analyse und Verknüpfung der ingenieurs-, natur- und sozialwissenschaftlichen Belange in Bezug auf den – aus hydrogeographischer Sicht – Sonderfall Speichermanagement für ein integriertes Management

Strategie: Einsatz und Adaption heterogener Methoden aus verschiedenen Disziplinen zur Identifikation und Analyse jener Faktoren, die das soziale Umfeld der Stauräume ausgestalten und prägen. Beachtung verschiedener Dimensionen: qualitativ-quantitative Achse, Zeitachse, holistisch-exemplarische Achse

Methoden: Konstellationsanalyse, Composite Programming, Kartierung, Experteninterviews, Umfragen

Zielsetzung: Entwicklung eines Analyserahmens als Grundlage für 1) verbesserte Kommunikation zwischen den Akteuren und 2) Konfliktmediation

Abbildung: Landnutzung rund um die Seen des Fränkischen Seenlandes 2018; Zusammenstellung: Coenen S., Pfeifer M., Wörner T. 2019

(A) Motivation: Weltweit dienen Talsperren und Stauräume u. a. der Wasser- und Energieversorgung, dem Hochwasserrückhalt, der Niedrigwasseraufhöhung und der Naherholung. Ihre Bedeutung wird aufgrund des Klimawandels und des globalen Bevölkerungswachstums in der Zukunft weiter zunehmen. Eine nachhaltige Bewirtschaftung von Stauhaltungen stellt dabei in vielerlei Hinsicht eine große Herausforderung für die Betreiber, die direkt angrenzenden Regionen und die Gesellschaft dar. Das Stauraummanagement birgt das Risiko von Reibungen hinsichtlich der heterogenen Interessen von betroffenen Akteuren. Aktuelle Beispiele in Deutschland ebenso wie im globalen Vergleich zeigen, dass die Mechanismen im Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Interessen noch nicht weit genug verstanden sind, um Konflikte effektiv zu vermeiden oder zu vermindern (Konfliktmitigation). Daher besitzt ein Management, das alle Faktoren als vernetzt betrachtet, große Bedeutung hinsichtlich nachhaltiger Speicherbewirtschaftung.

(B) Ziele: Die gesellschaftlichen Implikationen und Rahmenbedingungen von Stauraumsystemen wurden auf verschiedenen Ebenen analysiert, um eine Basis für integrierte und vernetzte Managementkonzepte entwickeln zu können. Die transdisziplinäre Aufdeckung von Wirkpfaden, die zu Interessenskonflikten geführt haben oder das Potenzial dazu aufweisen, wurden über exemplarische Detailstudien in einen holistischen und auf ähnlich gelagerte Projekte übertragbaren Ansatz überführt. Somit kann ein nachhaltiges, integriertes Speichermanagement gefördert werden.

(C) Methoden: Zur Entwicklung des Analyserahmens mussten verschiedene Ebenen berücksichtigt und entsprechend heterogene wissenschaftliche Methoden angewendet werden. Die Evaluierung des Einzugsgebietes und dabei insbesondere der Ansprüche von aktiven und passiven Akteuren an das System stellte einen ersten Arbeitsschritt dar. Hierzu dienten arrivierte Methoden der empirischen Sozialwissenschaft und Geographie: Fernerkundung, Begehung und GIS-Kartierung. In einem zweiten Schritt konnten konkrete Daten der betroffenen Akteure durch Experteninterviews und Befragungen gesammelt werden. Die transdisziplinäre Methode der Konstellationsanalyse visualisiert die Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen des Systems: Akteuren, natürlichen, technischen, abstrakten und hybriden Einheiten und lieferte so einen ersten Eindruck über die Situation in den Räumen der Fallstudien.  Naturräumliche und soziale Faktoren sowie Aspekte der Steuerung von Stauräumen werden dabei also nicht isoliert, sondern im Zusammenspiel mit den verschiedenen Akteuren und Stakeholdern betrachtet und in ihren Wirkungsmustern analysiert. Zunächst wurde im Rahmen ausgewählter Stauräume (SBT, TKK, GBS/KBS) den dortigen lokalen Verflechtungen Rechnung getragen und jene Faktoren erhoben, deren Übertragbarkeit auf Stauräume in einer Vergleichsebene möglich und aussichtsreich erscheinen. Hierzu wurde eine Vergleichsmatrix erstellt. Zudem stehen die Dynamiken gesellschaftlicher Prozesse und die Frage der Risikowahrnehmung im Fokus, so dass auch diskursanalytische Verfahren zur Anwendung kommen und der historischen Komponente Rechnung getragen wird. Als Instrument einer avisierten Vergleichbarkeit und zur Nutzung als einer künftigen Konfliktmitigationsbasis wurde die Methode des Composite Programming (aus dem Spektrum der Multikriterien-Entscheidungsanalysen, MCDA) adaptiert und modifiziert, um die relevanten Konfliktindikatoren zu identifizieren und zu quantifizieren.

(D) Zielsetzung: Die ermittelten Daten wurden in die Entwicklung eines vernetzten und integrierten Managementkonzeptes eingebracht (Daus et al., eingereicht). Dieses soll in Zukunft zur verbesserten Kommunikation zwischen Stakeholdern und damit zur Konfliktmitigation beitragen. Dies kann zu einem integrierten Management von Wasserressourcen beitragen, dass in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. So können langfristig die Ziele der UN in der nachhaltigen Entwicklung unterstützt und in kleinen Teilen umgesetzt werden.

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