Projektbeschreibung
Hintergrund des Projekts sind die Beobachtungen, dass (1) in bisherigen Risikobewertungen zum Klimawandel und entsprechenden Anpassungsstrategien zwar Szenarien zur Veränderung des Klimasignals in der Forschung einen Standard darstellen, zukünftige Veränderungen aufseiten der gesellschaftlichen Vulnerabilität jedoch kaum beachtet werden. Zudem (2) spielen Akteure und ihre Netzwerke bislang in der Konzeption und Durchführung von Risiko- und Vulnerabilitätsabschätzungen und darauf aufbauenden Bewertungen eine allenfalls untergeordnete Rolle. In dieser Hinsicht zielt das Verbundprojekt auf Innovationen, indem gesellschaftliche Vulnerabilität gegenüber Auswirkungen des Klimawandels mit der Betrachtung von Institutionen und Akteurskonstellationen verknüpft und in die breiteren sozio-ökonomischen Veränderungsprozesse auf städtischer Ebene eingebettet werden. Bisher finden sozio-ökonomische Veränderungsprozesse in aktuellen Risiko- und Vulnerabilitätsstudien noch keinen hinreichenden Widerhall.
ZURES zielt auf die Entwicklung von neuen Methoden und Instrumenten einer zukunftsorientierten Vulnerabilitäts- und Risikoabschätzung von städtischen Räumen gegenüber Extremereignissen - insbesondere Hitzestress - ab. Im Sinne eines Transformationsmanagements auf städtischer Ebene im Kontext einer auf Nachhaltigkeit und Resilienz zielenden Stadtentwicklung werden existierende Prüf- und Planungsverfahren sowie Planungsinstrumente weiterentwickelt, wie z.B. die Umweltverträglichkeitsprüfung sowie Verfahren zur Fortschreibung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen. Damit werden institutionell-methodische Voraussetzungen für die Anpassung von Planungs- und Steuerungsprozessen geschaffen. Am Beispiel des Themas „Hitze in der Stadt“ werden für die Städte Bonn und Ludwigsburg Triebkräfte kleinräumiger Transformationsprozesse erfasst. Analysen zum Ist-Zustand sowie zu den Veränderungen des Stadtklimas werden mittels Szenarien für die gesamtstädtische Ebene (Makroebene) und für ausgewählte Fokusgebiete (Quartiere und Projekt-gebiete/ Mikroebene) entwickelt und mit sozio-ökonomischen und demographischen Szenarien zur Vulnerabilität verknüpft. Methodische Innovationen werden mit formellen und informellen Instrumenten und Prüfverfahren der Stadtentwicklung gekoppelt, um das institutionell-planerische Instrumentarium für ein zukunftsorientiertes Transformationsmanagement zu stärken. Während der Ansatz der Nachhaltigkeit vielfach auf ein stabiles System und Gleichgewicht zwischen sozialen, ökologischen und ökonomischen Belangen setzt, geht das Konzept der Resilienz davon aus, dass sozial-ökologische Systeme auch instabil und krisenhaft sind. D.h. Krisen sind hier Bestandteil von Innovations- und Erneuerungsprozessen. Diesbezüglich offenbarte beispielsweise die Hitzewelle im Jahr 2003 mit mehr als 30.000 Todesopfern in Europa – insbesondere in Städten wie z.B. Paris- die Gefährdung und Krisenhaftigkeit urbaner Räume und Menschen gegenüber Hitzestress.
Die Städte Bonn und Ludwigsburg weisen ähnliche Problemlagen in Bezug auf das Thema Vulnerabilität und Risiko gegenüber Hitzestress auf. Gleichzeitig sind beide Städte durch einen erheblichen Nutzungsdruck auf unbebaute Freiflächen charakterisiert. Deshalb werden hier neue Abschätzungs- und Bewertungsmethoden für urbane Räume, Infrastrukturen und Anpassungsprozesse entwickelt, die sowohl den zukünftigen stadtklimatischen Wandel als auch Veränderungen der gesellschaftlichen Vulnerabilität auf der Ebene der Gesamtstadt sowie ausgewählter Quartiere umfassen. Die Novellierung der UVP-Richtlinie 2014/52/EU der EU fordert neben der Bewertung der Wirkungen von UVP-pflichtigen Projekten und Plänen (Bauprojekte, Infrastrukturen, B-Pläne, FNP, etc.) auf die Umwelt auch die Berücksichtigung und Bewertung der Anfälligkeit von Projekten und Plänen gegenüber dem Klimawandel. Die bestehenden Instrumente und Methoden der UVP sind dazu nicht in der Lage. Bisher betrachtet die UVP im Kern lediglich die Wirkungen eines Projektes oder Plans auf die Umwelt. Die Weiterentwicklung der Prüfmethoden ist für die Praxis deshalb von erheblicher methodischer, aber auch institutioneller Bedeutung.
Zusammenfassend basiert ZURES auf fünf Eckpfeilern:
- der Weiterentwicklung von Vulnerabilitäts- und Risikoabschätzungen unter Einbeziehung von Akteuren in normativ-methodische Entscheidungen und im Kontext unterschiedlicher sozio-ökonomischer und räumlicher Zukunftsszenarien unter Berücksichtigung aktueller Transformationsprozesse, am Beispiel des Themas Hitzestress in Städten,
- der Weiterentwicklung (Betrachtung der Tag- und Nachtsituation) und Verknüpfung von Stadtklimaanalysen mit sozio-demographischen und ökonomischen Analysen zur Vulnerabilität auf Stadtteilebene sowie deren Übertragbarkeit auf andere Städte und Gefahrentypen (insb. Starkregen),
- der Operationalisierung der Konzepte der Vulnerabilität und Resilienz,
- der Bereitstellung neuer Methoden (partizipative Szenario-Methoden) zur Prüfung der Vulnerabilität und Resilienz von Projekten und Programmen und
- der Verknüpfung und Umsetzung der neuen Methoden in bestehende formelle und informelle Prüf- und Planungs-verfahren auf kommunaler Ebene, insbesondere im Kontext der UVP-Richtlinienänderung 2014/52/EU sowie bezüglich des Ziels der Anpassung im BauGB im Kontext der Fortschreibung und Neuaufstellung von Flächennutzungs- und Bebauungsplänen (z.B. mittels neuer Planungshinweiskarten).