Ausflug: Summen und Brummen in der Stadt – Besuch beim Projekt UrbanInsects

07.10.2025 | AgileUS-AUSflug

Nach einer längeren Ausflugs-Pause führte uns der AgileUS-AUSflug zum Versuchsgelände am Birkhof hinter dem HLRS. Das Projekt UrbanInsects der Bauphysik und Akustik beschäftigt sich mit der Frage, wie gegen das Insektensterben in Städten vorzugehen ist.

Insekten, Bienen, Spinnen – im Alltag werden sie schnell als nervig oder eklig abgestempelt, obwohl sie so wichtig für unsere Ökosysteme sind. Wie kann gerade in Städten mehr Toleranz für die kleinen Begleiter gefördert werden? Und gibt es in den eng bebauten Gebieten unserer Städte noch Platz für Insekten? Die Antworten darauf bietet das Projekt UrbanInsects des Instituts für Akustik und Bauphysik der Universität Stuttgart (IABP) . 

Daniela Schätzel zeigte uns voller Freude, welche Insekten sich bereits eingenistet haben.

Habitat-Systeme für Insekten in Städten

Bei schönstem Wetter Mitte September besuchen wir das Versuchsgelände hinterm HLRS in Vaihingen. Die grüne Natur der Versuchsfläche wirkt zwischen der befahrenen B14 und einer lauten Baustelle fast idyllisch. Daniela Schätzel berichtet uns voller Freude vom Projekt. Darin wird versucht Insekten- und Klimaschutz platzsparend in Städten zu fördern. Dafür werden Habitat-Systeme für Insekten bei Neubauten oder Sanierungen in Fassadendämmungen integriert. Um dabei optimale Bedingungen für Mensch und Insekten zu bieten, werden regelmäßige Messungen der Luftfeuchtigkeit und Temperatur vorgenommen. Schließlich soll weder die Funktion der Dämmung noch die Larvenbildung der Insekten beeinträchtigt werden. Nach zwei Jahren Laufzeit kann bereits ein positives Ergebnis gezogen werden. Erste Habitate befinden sich bereits mitten in Stuttgart.

 

Entgegen der breiten Erwartungen nisten sich in diesen Habitaten nicht die klassischen Honigbienen oder die als gefährlich eingestuften Wespen ein. Die Besucher der Habitate stellen für Normalverbraucher unbekannte Wildbienen dar: Garten-Blattschneidebienen, Florfliegen, Mörtelbienen und viele mehr. Diese Arten stellen auch in Wohngebieten keine Gefahr dar, denn die Wildbienen können weder stechen, noch sind sie an unserem Essen interessiert. Sie nehmen die Habitat-Systeme dankend an und halten sich so gut es geht von Menschen fern.

Die Öffnungen in den Habitaten sind kein Wohnraum im eigentlichen Sinne, sie dienen als Nisthilfen. Wildbienen legen darin ihre Nachkommen ab, tief hinten die weiblichen und vorne die männlichen Eier. Einige schlüpfen noch im selben Jahr, andere überwintern in den Habitaten. Dazwischen füllen die Insekten Kammern mit ausreichend Versorgung an Pollen und Nektar. Vor dem Verschließen wird die erste Kammer nach außen leergelassen, da sie nicht selten von Fressfeinden angegriffen wird. Die Natur hat es dabei so vorgesehen, dass sich die vorderen Larven schneller als die hinteren entwickeln, sodass alle ganz unbeschwert nacheinander schlüpfen können. 

Diese durchsichtige Nisthilfe ermöglicht die Entwicklung der Larven zu beobachten.
Blaumeisen haben dieses Habitat für sich genutzt und sich darin ein Nest gebaut.

Es werden unterschiedliche Arten von Habitaten zu Verfügung gestellt und möglichst ohne Eingreifen beobachtet, welche Insekten oder Tierchen diese annehmen. Auf diese Weise wird die Vielfalt der Besucher groß: Neben verschiedenen Wildbienen und Insekten haben auch Spinnen und sogar Blaumeisen einen Platz für sich gefunden. Dabei folgt das Projekt dem Prinzip der Natur und lässt auch Fressfeinde neben ihrer Beute leben. Und das erfolgreich: Bislang konnten keine Schäden oder Verluste verzeichnet werden – bis auf die speziell dafür angelegten Attrappen natürlich.

Das Werk der Löcherbienen: die Verschlüsse der Kammern mit winzigen Steinchen geschmückt.

Wie faszinierend die Welt der Insekten ist, zeigt sich am Beispiel der Löcherbienen. Diese verzieren ihre Kammern nach dem Verschließen mit winzigen Steinchen, die sie sorgfältig ausgesucht und gesammelt haben. An unserem Ausflugstag schillern sie in der Sonne besonders schön. 

Sitzt so ein System bereits in der Fassade, gibt es einiges zu beachten. Zum einen sollte das Habitat-System alle zwei Jahre überprüft werden. Dabei werden auch die Eingänge ausgeputzt, damit die Nisthilfen von neuen Insekten genutzt werden können. Alle Informationen dazu werden in einer Anleitung beschrieben. Zum anderen brauchen die Insekten ausreichend Nahrung. Diese kann in Form von regionalen Blumen im Garten oder auf dem Balkon angepflanzt werden. 

Das Projekt legt neben der Anpassung der Habitate auch einen hohen Wert auf Aufklärungsarbeit. Die Beteiligten möchten in Städten mehr Toleranz für Insekten schaffen und auf das Problem des Insektensterbens aufmerksam machen. Wie viel Arbeit in diesem Projekt steckt, erfahren wir, als Schätzel uns von den Anfängen erzählt. Die Projektbeteiligten bauten eigenständig die Häuschen auf dem Versuchsgelände bei vollstem Sonnenschein und Schnee auf. Es freut zu sehen, wie viel Hingabe und Herzblut in Projekte der Uni Stuttgart einfließen.

Vielen Dank an Daniela Schätzel für die schöne Führung und die geduldige Beantwortung unserer Fragen!

Was haben wir gelernt?

  • Die Insektenvielfalt ist viel größer als gedacht. – Allein in Deutschland gibt es über 550 Bienenarten!
  • Honigbienen-Schutz bedeutet nicht zwingend Wildbienen-Schutz.
  • Ein friedliches Leben mit Insekten in Städten ist möglich.
  • Mit dem Anbau regionaler Pflanzen lässt sich Biodiversität fördern.

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