LEGO® SERIOUS PLAY® Methodik und Materialien können in Workshops genutzt werden, um die Kreativität der Teilnehmenden zu fördern und die Bearbeitung von komplexen Problemen in Teams durch ein „spielerisches“ Element zu unterstützen. Durch den Bau metaphorischer Modelle mit LEGO®-Steinen werden Ideen, Sichtweisen und Zusammenhänge sichtbar, wodurch ein gemeinsames Verständnis entsteht und nachhaltige Lösungen entwickelt werden.
Geschichte, Ziele und Ursprung der Methode
LEGO® SERIOUS PLAY® (LSP) wurde Ende der 1990er-Jahre von der LEGO Group gemeinsam mit den Professoren Johan Roos und Bart Victor an der IMD Business School in Lausanne entwickelt. Ursprünglich entstand die Methode aus der Suche nach besseren Wegen, strategische Entscheidungen zu treffen und Innovationen zu fördern. Klassische Meetings boten oft nur wenigen Stimmen Gehör und führten selten zu tiefgehenden Lösungen.
Die Grundidee: Mit den Händen denken, um kreatives Potenzial zu aktivieren, Gedanken sichtbar zu machen und die Beteiligung aller zu sichern. Beim Bauen metaphorischer Modelle können auch komplexe oder abstrakte Themen greifbar werden – und jedes Modell erzählt eine Geschichte, die sich mit anderen teilen lässt.
Die Ziele sind:
- Gleichberechtigte Beteiligung aller Teilnehmenden
- Förderung von Kreativität und Perspektivwechsel
- Entwicklung gemeinsamer Sichtweisen und besserer Entscheidungen
- Aktivierung kollektiven Wissens im Team
2010 veröffentlichte LEGO® die Kernmethodik als Open-Source-Modell. Seitdem wird LSP weltweit in Unternehmen, Bildungseinrichtungen, Organisationen und im öffentlichen Sektor eingesetzt – überall dort, wo Zusammenarbeit, Innovation und gemeinsames Verständnis gefragt sind.
Facilitator 📣
Der Facilitator ist die zentrale Figur im LEGO® SERIOUS PLAY®-Prozess. Er oder sie sorgt für einen strukturierten Ablauf, stellt die passenden Fragen und schafft die Rahmenbedingungen, in denen kreatives und offenes Arbeiten möglich ist.
Zu den Kernaufgaben gehören:
- Geeignete, offene Fragestellungen formulieren
- Den Prozess moderieren und Timeboxen einhalten
- Teilnehmende aktiv einbinden und eine wertschätzende Atmosphäre schaffen
- Hilfestellung geben, ohne Modelle oder Bedeutungen vorwegzunehmen
- Ergebnisse und Erkenntnisse sichtbar machen und sichern
Der Facilitator führt das Team durch drei aufeinander aufbauende Modellarten:
Einzelmodell 👤
Jede teilnehmende Person baut ein Modell, das ihre individuelle Sicht auf die Fragestellung darstellt.
- Ziel: Die eigenen Gedanken sichtbar machen und in eine Metapher übersetzen.
- Vorteil: Jede Stimme wird gehört, unabhängig von Hierarchie oder Kommunikationsstil.
- Ablauf: Modell bauen → vorstellen → Fragen beantworten → Gemeinsamkeiten und Unterschiede erkennen.
Teammodell 👥
Die Gruppe kombiniert ausgewählte Elemente aus den Einzelmodellen zu einem gemeinsamen Modell.
- Ziel: Ein gemeinsames Verständnis und eine abgestimmte Sichtweise schaffen.
- Besonderheiten: Entscheidungen erfordern Kompromisse, die Platzierung der Elemente hat symbolische Bedeutung.
- Methoden: Diskussion, Auswahl der wichtigsten Teile, ggf. Voting oder Veto-Regeln.
Systemmodell 🔗
Das Teammodell wird um Verbindungen, Wechselwirkungen und externe Einflussfaktoren ergänzt.
- Ziel: Zusammenhänge, Abhängigkeiten, Konflikte und Synergien sichtbar machen.
- Vorgehen: Faktoren als separate Elemente bauen, Verbindungen darstellen (z. B. mit LEGO®-Ketten oder -Schläuchen), Nähe oder Distanz im Modell entsprechend der Beeinflussung setzen.
- Nutzen: Hilft, komplexe Systeme zu verstehen und Ansatzpunkte für Veränderungen zu identifizieren.
Ablauf der Methodik
LEGO® SERIOUS PLAY® verläuft in mehreren Phasen, die aufeinander aufbauen und den Teilnehmenden schrittweise mehr Tiefe und Systemverständnis ermöglichen. Der Ablauf ist iterativ angelegt – einzelne Schritte können wiederholt oder angepasst werden, um Erkenntnisse zu vertiefen.
1. Skill Building – Warm-up 🔎
Zu Beginn steht das Skill Building, das als Warm-up dient und den Teilnehmenden den Einstieg in die Methode erleichtert. In dieser Phase werden die LEGO®-Steine und ihre Einsatzmöglichkeiten erkundet, erste technische Fähigkeiten erlernt und das Denken in Metaphern geübt. Für den Einstieg eignet sich das Nachbauen zufällig gezogener Begriffe (beispielsweise eine Brücke oder ein Turm mit besonderen Kriterien) oder die Darstellung eines persönlichen oder beruflichen Meilensteins. Dadurch entsteht kreatives Selbstvertrauen. Gleichzeitig wird die Hemmschwelle abgebaut, eigene Gedanken sichtbar zu machen, und eine gemeinsame Arbeitsbasis geschaffen.
2. Fragen definieren ❓
Im nächsten Schritt formuliert der Facilitator eine klare, offene Fragestellung, die den thematischen Rahmen für den Workshop vorgibt. Diese Frage ist richtungsweisend für alle folgenden Bauschritte und bestimmt, worauf die Gruppe ihre Aufmerksamkeit richtet. Eine präzise formulierte Frage hilft, den kreativen Prozess zu fokussieren und sicherzustellen, dass die Ergebnisse auf das gewünschte Ziel einzahlen.
3. Einzelmodelle bauen 🧩
Auf Grundlage der definierten Fragestellung erstellt jede teilnehmende Person ein eigenes Modell. Dieses Modell spiegelt die persönliche Sichtweise, Erfahrung oder Lösungsidee wider. Es gibt keine richtigen oder falschen Antworten – jedes Modell ist ein gültiger Ausdruck der individuellen Perspektive und ein wertvoller Beitrag zum Gesamtprozess.
4. Teilen & Storytelling 💬
Im Anschluss werden die gebauten Modelle im Plenum vorgestellt. Die Teilnehmenden erläutern die Metaphern hinter ihrem Bauwerk, erklären Details und beantworten Fragen aus der Gruppe. Dieses Erzählen fördert gegenseitiges Verständnis, macht unterschiedliche Sichtweisen sichtbar und regt zu neuen Denkanstößen an.
5. Teammodelle entwickeln 🤝
Anschließend kombiniert die Gruppe zentrale Elemente aus den Einzelmodellen zu einem gemeinsamen Modell. Dabei werden Ideen zusammengeführt, priorisiert und in eine symbolische Anordnung gebracht. Dieser Schritt erfordert Austausch, Kompromissbereitschaft und die Fähigkeit, verschiedene Sichtweisen in ein gemeinsames Bild zu integrieren.
6. Systemmodelle erstellen 🌐
Das Teammodell wird nun um externe Faktoren, Abhängigkeiten und Wechselwirkungen erweitert. Diese werden durch zusätzliche Bauelemente und Verbindungen dargestellt, sodass ein umfassendes Bild des gesamten Systems entsteht. Die räumliche Anordnung und die Art der Verbindungen verdeutlichen Beziehungen, Einflüsse sowie mögliche Konflikt- oder Synergiepunkte.
7. Verbindungen und Wechselwirkungen analysieren 🔗
In dieser Phase betrachtet die Gruppe das entstandene Systemmodell genauer. Sie untersucht, wie die einzelnen Elemente miteinander verknüpft sind, wo sich Abhängigkeiten zeigen und welche Faktoren besonders beeinflussbar sind. Es können auch Szenarien durchgespielt werden, um zu sehen, welche Auswirkungen bestimmte Veränderungen hätten.
8. Maßnahmen ableiten und Ergebnisse sichern 🎯
Zum Abschluss werden aus den gewonnenen Erkenntnissen konkrete Maßnahmen formuliert. Die Ergebnisse werden dokumentiert – beispielsweise in Form von Fotos, Zeichnungen oder Videos – und so aufbereitet, dass sie im Arbeitsalltag weiter genutzt werden können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die im Workshop entwickelten Ideen nicht nur bestehen bleiben, sondern auch in die Umsetzung gelangen.
Praktischer Einsatz
Die LEGO® SERIOUS PLAY®-Methodik eignet sich in Workshops für folgende Phasen:
- Kreative Ideenfindung:
- Entwickelt gemeinsam neue Ansätze für Produkte, Prozesse oder Strategien und macht sie sofort sichtbar.
- Team-Building:
- Fördert Vertrauen, Kommunikation und Zusammenarbeit durch spielerische Interaktion.
- Personalentwicklung & Coaching:
- Macht individuelle Stärken, Rollenbilder und Entwicklungsphasen sichtbar und besprecht sie im Team.
- Teamentwicklung:
- Erarbeitet Visionen, Strukturen und Veränderungen für die Zukunft eures Teams.
- Konferenz & Meet-ups:
- Gestaltet interaktive Sessions, die alle Teilnehmenden aktiv einbinden.
- Zur Unterstützung von Retrospektiven:
- Blickt auf vergangene Projekte zurück und erkennt gezielte Verbesserungspotenziale.
Vorteile der Methode
- Kreativität & Perspektivwechsel
- Mit den Händen denken, Metaphern bauen, neue Blickwinkel entdecken
- 100% Beteiligung
- Alle bauen, alle erklären – jede Stimme zählt
- Gemeinsames Verständnis
- Abstraktes wird sichtbar, komplexe Themen werden greifbar
- Motivation & Teamgeist
- Kreatives Arbeiten stärkt den Zusammenhalt und das Wir-Gefühl
- Veränderungsbereitschaft
- Iteratives Vorgehen, Fehler als Lernchancen nutzen
- Einfacher Einstieg
- keine Vorkenntnisse nötig
- kurz, prägnant, sofort verständlich
Mögliche Herausforderungen
- Zeitintensiv
- Tiefe Ergebnisse brauchen ausreichend Zeit für Prozess und Reflexion
- Klare Zielsetzung
- Ohne präzise Fragestellung verliert der Workshop an Fokus
- Festharren in alten Mustern
- Neue Perspektiven erfordern Offenheit und Mut zum Umdenken
- Gefahr des Abbruchs
- Ein vorzeitiger Stopp kann entscheidende Erkenntnisse verhindern
- Organisation
- Geeigneter Raum und vorbereitetes Material sind entscheidend
Fazit
Bei der vorgestellten Methode lassen sich durch ein strukturiertes und spielerisches Vorgehen komplexe Fragen und gemeinsame Lösungen entwickeln. Die Arbeit mit den Händen aktiviert kreatives Denken, macht Ideen greifbar und stärkt das Verständnis im Team.
Ob in Strategie, Teamentwicklung oder Innovationsprozessen – LSP sorgt für echte Beteiligung, tiefe Erkenntnisse und Ergebnisse, die alle mittragen.
💡Falls Euch dieser Beitrag interessiert gemacht hat und Ihr in Eurem Team einen Workshop mit der LSP-Methode ausprobieren wollt, meldet Euch gerne bei Martin Rost!